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Natur & Lebensraum

Natura 2000 - Gebiet

Natura 2000 ist ein europaweites, ökologisches Netz besonderer Schutzgebiete zur Sicherung seltener Lebensräume und Arten und damit das Kernstück der europäischen Naturschutzpolitik. Die rechtliche Grundlage für dieses Schutzgebietsnetz bilden 2 EU-Richtlinien: die Vogelschutzrichtlinie und die Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie (kurz FFH-Richtlinie). Die Vogelschutzrichtlinie regelt den Schutz sämtlicher wildlebender Vogelarten auf dem Gebiet der Europäischen Union. Die FFH-Richtlinie hat die Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wildlebenden Tiere und Pflanzen zum Ziel. Mit dem Beitritt zur EU hat auch Österreich die beiden Richtlinien anerkannt und sich verpflichtet, ein Netz an Schutzgebieten auszuweisen. Die Gebietsauswahl erfolgt durch die Bundesländer, so hat Niederösterreich insgesamt 36 Natura 2000-Gebiete an die Europäische Kommission gemeldet. 

Die Gemeinde Rohrendorf liegt in den beiden Teilgebieten „Tullnerfelder Donau-Auen“ und „Kamp- und Kremstal“. Ersteres erstreckt sich als Teil der Region NÖ Mitte zwischen Wien und Krems hauptsächlich am nördlichen, zum Teil aber auch am südlichen Donauufer. Hier befinden sich die größten zusammenhängenden Auwälder Österreichs, bestehend aus den Weichholz-Auwäldern (Erlen-Eschen-Weidenauen) und den Hartholz-Auwäldern (Eichen-Ulmen-Eschenauen). Zahlreiche Fischarten (Bitterling, Perlfisch, Schrätzer, Streber, uvm) aber auch der Donaukammmolch und die Rotbauchunke haben hier wichtige Vorkommen. Die Tullnerfelder Donau-Auen sind ebenso Heimat für charakteristische Auwaldvogelarten wie Spechte und Greifvogelarten (Grauspecht, Mittelspecht, Rotmilan, Schwarzmilan, etc.).

Die Europaschutzgebiete „Kamp- und Kremstal“ sind Teil der Hauptregion Waldviertel und umfassen die Flusslebensräume des Kamps und der Krems im südlichen Waldviertel. Das Gebiet reicht von der pannonischen Klimazone bis ins kühlere Waldviertel. Im oberen, kühleren Bereich dominieren auf nördlich ausgerichteten Hängen Buchenwälder, auf den südlich gelagerten Hängen finden sich Eichen- und Hainbuchenwäldern. Die steilsten Hänge werden von Schlucht- und Hangmischwäldern eingenommen. Osteuropäische Steppen kommen vor allem im Bereich der Weinbaulandschaft um Krems und Langenlois vor. Das Kremstal ist ein bedeutender Lebensraum für zahlreiche Fledermausarten. Insgesamt 22 Arten, darunter Mopsfledermaus, Wimpernfledermaus und Kleine Hufeisennase sowie die Bechsteinfledermaus, eine der seltensten Arten in Österreich, konnten aufgespürt werden. In den Eichen und totholzreichen Laubwäldern kommen Käferarten, wie Großer Eisenbock und Hirschkäfer vor. Auf kurzrasigen Offenflächen lebt das Ziesel und die Wiesen und Halbtrockenrasen werden vom Großen Feuerfalter besiedelt. 

  

Smaragdeidechse
Lösswand
Konglomeratgestein

Rohrendorfer Hohlwege

Ein Hohlweg ist ein Weg, der durch die Nutzung des Menschen mit Fuhrwerken und Vieh und durch abfließendes Wasser in einem Zeitraum von mehreren Jahrhunderten entstanden ist.

Die vom Menschen geschaffenen Terrassen und tief eingeschnittenen Hohlwege gehören zu den charakteristischen Elementen der niederösterreichischen Lössgebiete, die zu den beeindruckendsten Landschaften Österreichs zählen. Besonders imposante Formen sind in den Lössgebieten des Weinviertels, im Raum Traismauer und Krems sowie auch in Rohrendorf bei Krems zu finden. 

Der Löss besteht aus karbonhältigem, schluffigen, meist ungeschichteten und relativ lockeren Ablagerungen. Lössablagerungen geben einen Einblick in die Geschichte seit der Eiszeit: anhand der Lössablagerungen und Bodenbildungen sowie von Einschlüssen von Schneckenschalen und Tierknochen kann man die jeweiligen Umwelt- und Klimabedingungen der Zeit ablesen. Die niederösterreichischen Lösse sind aber auch für steinzeitliche Funde, wie die Venus von Willendorf, die Venus vom Galgenberg oder die Zwillingsgräber von Krems-Wachtberg weltberühmt. 

Die Lössterassen und Hohlwege bieten etlichen, in unserer heutigen Kulturlandschaft selten gewordenen Tier- und auch Pflaenzenarten Lebensraum. In den Steilwänden legen Bienenfresser ihre Brutröhren an, zahlreiche Wespen- und Bienenarten haben Ihre Nester ebendort, sodass manche Lösswände aufgrund der vielen Nesteingänge wie Lochsiebe anmuten. Weitere Vögel wie der Feldsperling, der Steinschmätzer, der Steinkautz, der Turmfalke und der Wiedehopf haben in den mit Hohlwegen und Lössterrassen reich strukturierten Weingartenlandschaften wichtige Nahrungs- und Rückzugsräume. Einige Fledermausarten, Schmetterlinge und auch Säuetiere wie das Ziesel und der Hamster leben in den Lössterrassen.

Wegen ihrer besonderen faunistischen Bedeutung wird Wert auf die Erhaltung der noch bestehenden Hohlwege gelegt. Pflegemaßnahmen und Sanierungsprojekte dienen dem Schutz dieser wichtigen Lebensräumen.

  

Bienenfresser
Hohlweg am Rohrendorfer Berg

Rohrendorfer Tierwelt

Rohrendorf besitzt mit den beeindruckenden Lebensräumen eine artenreiche Tierwelt. Exemplarisch sollen hier ein paar typische Vertreter der tierischen Bewohner heraus gegriffen werden, die aufmerksame Spaziergänger häufig entdecken können.

Das europäische Ziesel

Dieses mittelgroße Nagetier lebt in großen Kolonien in selbst gegrabenen Erdbauten. Der tagaktive Nager ernährt sich überwiegend vegetarisch von Gräsern und Kräutern, aber auch Insekten wie Käfer, Feldgrillen oder Raupen. Um auf Feinde aufmerksam zu machen, geben sie schrille Warnpfiffe ab. Für den von September bis Ende März dauernden Winterschlaf legen Sie im Spätsommer körpereigene Fettdepots an. Die Lebensräume des Ziesels (Trocken- und Halbtrockenrasen, steppenartigen Wiesen und Weiden) sind durch massive Landschaftsumgestaltungen in den letzten Jahrzehnten stark zurückgegangen, was zur Folge hat, dass der Lebensraum auf neue Gebiete wie Weingärten ausgedehnt wurde. Das Ziesel steht auf der roten Liste der gefährdeten Tierarten, es wurde in die FFH-Richtlinie der EU aufgenommen und ist damit geschützt.

Der Bienenfresser

Dieser auffallend bunte Vogel wird im Durchschnitt ca. 28 cm groß. Der Bauch- und Brustbereich ist türkis, Scheitel-, Nacken- und Rückenpartien sind rostbraun, die Flügel ebenfalls, über dem gelblichen Kinn befindet sich ein schwarzer Augenstreif. Ursprünglich lagen die bevorzugten Nistplätze des Bienenfressers in den Hängen dynamischer Fließgewässer. Durch die Regulierung der Gewässer findet man den Bienenfresser heutzutage in NÖ in Sand-, Lehm- und Schottergruben, sowie in Weingartenterrassen und Hohlwegen. Das Nest wird als Bruthöhle in die Hänge und Wände gegraben, wobei die Röhren von 1 bis zu 2,7 Meter lang sein können. Am Ende der Röhre befindet sich eine blasenförmige erweiterte Brutkammer. Der Bienenfresser fängt seine Beute, die hauptsächlich aus Hautflüglern wie Bienen, Wespen, Hummeln, Hornissen, Libellen und fliegenden Käfer bestehen im Flug. Als Zugvogel verbringt er die Wintermonate in Afrika und kehrt Mitte Mai zurück. Durch die begünstigte Lage seines Lebensraumes ist die Population des Bienenfressers in NÖ in den letzten Jahren angestiegen. Die Vorkommen konzentrieren sich auf dem Raum zwischen Krems und Hadersdorf. 
Die Brutröhren des Bienenfressers werden in Folge von anderen Vögeln genutzt. Zu den „Nachmietern“ zählen etwa der Feldsperling, der Steinkauz, der Turmfalke, der Uhu, der Wiedehopf und in seltenen Fällen der Steinschmätzer.

Die Dohle 

Seit wenigen Jahren werden die Lösshöhlen im Kremser Raum auch von der Dohle genutzt, die ursprünglich auf Kirchtürmen nistete. In Rohrendorf konnte sogar eine größere Kolonie dieses Singvogels, der zur Familie der Rabenvögel gehört, festgestellt werden. Unter den Raben und Krähen ist die Dohle eine der kleinsten Vertreter. Das Gefieder ist schwarz grau, die Augen hellblau und ihr Schnabel stämmig. Die Dohle ist ein sehr sozialer Rabenvogel und bildet wie der Bienenfresser Brutkolonien. Ihr Nahrungsspektrum reicht von Samen und Insekten bis zu kleinen Wirbeltieren, Schnecken und Vogeleiern. 

Die Smaragdeidechse

Sie liebt in Weingebieten sonnige und trockene Lagen aufgrund ihres hohen Wärmebedürfnisses. Besonders am Böschungsfuß der besonnten Lösswand findet sie geeignete Plätze, um sich aufzuwärmen. Charakteristisch für diese europäische Echsenart ist die grüne Grundfärbung, der spitze Kopf und der, vor allem beim Männchen, recht lange Schwanz. Die Kopf-Rumpf Länge kann bis zu 13 Zentimeter betragen. Zu Ihrer Nahrungsquelle reicht von größeren Insekten, Spinnen, Asseln, Schnecken und kleinen Wirbeltieren (beispielsweise Jungmäuse), bis zu Reptilieneiern und -jungtieren sowie Beeren. Sie selbst zählen aber auch zum Beutespektrum von Schlangen, Greifvögeln, Neuntötern und Säugetieren wie Hauskatzen und Marderarten. Auch die Smaragdeidechse gehört zu den gänzlich geschützten freilebenden Tierarten in der NÖ Artenschutzverordnung. 

  

Heinz Wiesbauer und Herbert Zettel: Hohlwege und Lössterrassen in Niederösterreich, Wien 2014

 

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